Pétanque spielen lernen in der Provence


Foto: Mustapfa Ennaimi/ wikimedia commons

La Pétanque ist in der Provence weit verbreitet. Ob es sich um den sehr belebten Marktplatz von Saint-Tropez handelt oder um ein kleines Dorf im Inneren der Region – überall finden sich Plätze, an denen dieser Sport zelebriert wird...

Nach der Legende geht das Spiel auf einen wahren Freundschaftsdienst zurück:

Im südfranzösischen Ort La Ciotat lebte 1910 Jules le Noir, ein bekannter Spieler des weit verbreiteten "Jeu Provençal". Leider war der arme Jules aufgrund seines Rheumas nicht mehr in der Lage, an diesem Spiel teizunehmen. Denn es wird auf recht große Distanzen gespielt und hat (mit drei Anlaufschritten) einen sehrschwierigen Bewegungsablauf. Um ihn nicht länger von dem Vergnügen auszuschließen, erfand einer
von Jules' Freunden deshalb "Pétanque" – das ohne Anlauf und mit geschlossenen Füßen gespielt wird. Daher stammt der Name dieser Spielvariante; denn "geschlossene Füße heißt in der provençalischen Sprache "ped tanco" (auf französisch: pieds tanqués). Am Boulodrôme von La Ciotat wird dieses historischen Ereignisses sogar mit einer schmucken Hinweistafel gedacht!

Gespielt wird auf fast jedem Gelände. Außer einerkleinen Zielkugel aus Holz, dem "Cochonnet" (also: "Schweinchen") und 6 Matallkugeln je Mannschaft wird kein Material benötigt. Jedes Team besteht aus
2 oder 3 Spielern. Sie verfügen über sechs Kugeln, die man auf die Spieler gleich verteilt. Ausgelost wird, welche Mannschaft beginnt. Auf der Spielfläche darf sie eine Stelle aussuchen, von der das Cochonnet geworfen wird. Ein Spieler dieser Mannschaft zieht nun einen Kreis, in dem er mit beiden Füßen stehen muss, und wirft die Zielkugel (zwischen 6 und 10 m.)

Die Grundregeln des Spieles sind sehr einfach und schnell zu erlernen:

Der erste Spieler des beginnenden Teams zieht wirft also die Zielkugel (schafft er mit drei Versuchen nicht, damit die vorgeschriebene Distanz zu erreichen, kommt der Gegner an die Reihe!). Er spielt seine erste Kugeln hinterher – möglichst nahe zum "Schweinchen".

Dann muss ein beliebiger Gegenspieler versuchen, es besser zu machen (also aus dem Kreis seine Kugel näher an das Ziel zu plazieren). Gelingt es sofort, wechselt die Pflicht, weitere Kugeln zu Spielen, wieder auf das erste Team. Schafft er es nicht, müssen er (bzw. die anderen Spieler seiner Mannschaft) so viele ihrer Kugeln verbrauchen, bis sie die beste des Gegners überboten haben...

Wie man sich dem Cochonnet nähert, ist dabei egal – eine Frage der Technik, des persönlichen Könnens und der Taktik. Genau das macht Pétanque so interessant!

Ein Spieler darf seine Kugel zum Cochonnet rollen. Er darf sie vor andere Kugeln werfen (man nennt es "tirer", also: "schießen"), um diese aus dem Weg zu räumen. Oder er kann versuchen (und das ist die Königsdisziplin, man nennt es "carreau"), mit einem direkten Schuss auf eine Kugel des Gegners die Lage zu Gunsten seiner Mannschaft verändern. Hier also diese Grundvarianten des Spieles (von links nach rechts)...


Grafiken: Henning 111 (eigenes Werk)/ wikimedia commons: rollen/ der Schuss davor/ ein "carreau"

Ob stehend, gebeugt oder aus der Hocke gespielt wird, ist egal. Hauptsache, man bringt seine Kugel näher an das Cochonnet als der Gegner. Gelingt das nicht, müssen alle Kugeln verspielt werden, bis eine Mannschaft "leer" ist. Dann hat das gegnerische Team die Chance, einige Punkte zu machen. Am Ende eines solchen Durchgangs zählen alle Kugeln des Teams einen Punkt, die näher am "Scheinchen" plaziert werden konnten als die beste Kugel der anderen Gruppe. Maximal sind in einer Runde also 6 Punkte zu holen, mindestens ist es einer.

Beendet ist das Match, wenn eine Mannschaft auf diese Weise 13 Punkte erreicht und der Gegner alle seine Kugeln verspielt hat. Konnte ein Team überhaupt nicht punkten (und verliert 13 : 0), kassierte es eine "Fanny". Je nachdem, wie ernst gespielt wird, muss es dann zur Strafe das Foto des nackten Hinterteils einer Dame küssen (wie ganz oben links auf der Seite zu sehen) – nach dem Vornamen einer solchen soll dieser Brauch angeblich benannt sein – oder der siegreichen Équipe eine Runde Pastis spendieren.

Neben seinen sehr geselligen Aspekten ist Pétanque allerdings ein Präzisionsspiel, bei dem oft mit großer Hingabe um die Nähe einzelner Kugeln zum Cochonnet gestritten (und gemessen) oder um die richtige Taktik debattiert wird...


Foto: wikimedia commons/ gemeinfrei

Manchmal geht es zwar schlicht und einfach darum, den Gegner auf diese Weise ein wenig nervös zu machen. Will man Pétanque "richtig" spielen, erfordert ea aber durchaus einiges taktische Verständnis:

Wäre es besser, zu schießen oder zu legen? (Mit der Zeit bilden sich nämlich echte Spezialisten dafür heraus – also berät sich ein Team darüber, welcher Spieler für die nächste Kugel zu Einsatz kommen soll). Bestände selbst bei einem guten Schuss das Risiko, auch eigene Kugeln aus dem Spiel zu befördern? Sollte die nächste Kugel, bei schwierigem Boden, vielleicht eher im hohen Bogen "gelegt" werden? Wie sind die Fähigkeiten des Gegners einzuschätzen; wie viele Kugeln hat er noch in der Hand? Von solchen Fragen hängt oft der Ausgang eines Spieles ab!

Ähnlich wie beim Golfspiel kabb es sogar wichtig sein, den Boden richtig zu "lesen", bevor eine Kugel gespielt wird...

Pétanque bietet so viele taktische Möglichkeiten, dass es wirklich Spaß macht, sich darauf einzulassen!

Als langjähriger Ligaspieler habe ich viele Erfahrungen in diesem sportlichen Spiel sammeln können – und es würde mich sehr freuen, auch Sie in diese Geheimnisse einzuführen. Ganz besonders dann, wenn wir es am Ende bei einem kleinen Apéro ausklingen lassen. Bei einem Gläschen Rosé, einem Pastis, oder...